2007-01-09 Prim

Eine seltene Erkrankung, die längst nicht jeder Kleintierpraktiker in seinem Berufsleben diagnostiziert. Bei welchen Hunderassen ist am ehesten mit einem primären Hypoparathyreoidismus zu rechnen, und wie sehen die Symptome aus? Eine äußerst informative Studie aus Australien an immerhin 17 Patienten, die zweifellos hilft, einen Patienten mit dieser Erkrankung auch richtig zu diagnostizieren...
17 Hunde mit einem primären Hypoparathyreoidismus wurden über 15 Jahre (von 1990 bis 2004) an der University of Melbourne Veterinary Clinical Centre und dem Murdoch University Veterinary Hospital diagnostiziert.
Retrospektiv wurden ihre Unterlagen auf Signalement, Gewicht, Art der Fütterung, anamnestische und klinische Befunde, Serum-Calcium, -phosphat, -albumin und Parathormonspiegel, fraktionierte Urin-Exkretionsrate von Calcium und Phosphat sowie EKG, durchgeführte Therapie und Therapieerfolg sowie follow-up geprüft.

Die häufigsten betroffenen Rassen waren Bernhardiner (n=3), Chihuahua und Jack Russell Terrier (jeweils n=2). Auch 3 Mischlinge waren vertreten.

Epileptiforme Krämpfe, Muskelzittern, steifer Gang, Tetanie, Muskelkrämpfe, Verhaltensänderungen und Hyperventilation waren die häufigsten klinischen Symptome. Erbrechen, Inappetenz, Diarrhoe, Bauchschmerzen, Hyperthermie, Pruritus im Gesicht, Ataxie, Schwäche, Katarakt und Kreisbewegungen waren weniger häufig.

Im Mittel waren die Tiere 33 Tage (1-173 Tage, Durchschnitt 13 Tage) klinisch auffällig, bevor die Diagnose gestellt wurde.

Alle Tiere zeigten eine deutliche Hypocalcämie mit normalen oder leicht erhöhten Serum-Albuminspiegeln.

Die mittleren Serum-Phosphatspiegel waren signifikant höher bei inappetenten Tieren (P = 0.049). Die mittleren Serum-Calciumspiegel waren signifikant niedriger bei den Tieren omit Katarakt als bei denen ohne (P = 0.046). Andere signifikante Zusammenhänge zwischen Serum-Calcium- und -Phosphatspiegeln und klinischen Symptomen und Therapieerfolg gab es nicht, ebensowenig wie zwischen speziellen klinischen Symptomen oder ihrer Dauer.

Bei 4 Hunden wurden EKGs angefertigt, die alle eine Verlängerung des QT-Intervalls aufgrund eines verlängerten ST-Segments aufwiesen.

16 der 17 Hunde wurden erfolgreich auf Hypocalcämie behandelt und konnten aus der Klinik entlassen werden.

Die Behandlung im akuten Fall bestand aus parenteraler Calciumgluconatgabe (10 Hunde) und intravenöser Gabe von Antikonvulsiva (5 Hunde).

Langzeitbehandlung erfolgte dann mittels oraler Gabe von Vitamin D-Analogen und Calcium-Ergänzung.

Komplikationen bei der Therapie bestanden bei 2 Hunden und äußerten sich als akutes Nierenversagen (1 Tier) und iatrogene Gewebsnekrose nach subcutaner Calciumgabe (1 Hund).

Die mittlere follow-up-Zeit betrug 14,5 Monate (0-39 Monate, Durchschnitt 13 Monate).

12 Hunde waren beim letzten follow-up noch am Leben und 2 waren aus unbekannten Gründen euthanasiert worden. Ein Zusammenhang zwischen dem Therapieerfolg und der Art des Vitamin D-Analogs wurde nicht gefunden.

Die Prognose mit der oralen Calcium-Gabe und der Gabe von Vitamin D-Analogen scheint demnach gut zu sein, die Komplikationsrate ist relativ niedrig und kann durch engmaschige Kontrollen weiter reduziert werden. Wenn auch neurologische Symptome bei primärem Hypoparathyreoidismus des Hundes bei weitem überwiegen, sollte auch bei alimentären Problemen an eine solche Erkrankung differentialdiagnostisch gedacht werden.


Quelle: RUSSELL, NJ, BOND, KA, ROBERTSON, ID, PARRY, BW & IRWIN, PJ (2006): Primary hypoparathyroidism in dogs: a retrospective study of 17 cases. In: Australian Veterinary Journal 84 (8), 285-290.



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